Spiekeroog Christi Himmelfahrt 2019

Lisas ganz persönlicher Rückblick auf die Vereinsschnupperfahrt nach Spiekeroog – mit Video von Susa!

Lars Everding lädt jedes Jahr zu einer Vereinsschnupperfahrt für werdende Seekajaker nach Spiekeroog ein. 2019 war das eine kombinierte Tour von Vereinsschnupperfahrt und EPP3-Prüfung Seekajak.

Vier Anläufe für die Insel

Seit 2016 hatte ich versucht, an dieser jährlichen Schnuppertour teilzunehmen. Zweimal war ich krank, einmal wurde die Tour wegen schlechten Wetters abgesagt. Im Jahr 2019 war ich fest entschlossen, diesmal endlich mitzufahren und hatte mich deshalb frühzeitig angemeldet. Spiekeroog, ich komme!!

Kurz vor der Tour ging die Orgamail an alle TeilnehmerInnen. Zwei Männer und sechs Frauen hatten sich angemeldet, sechs Paddelkameraden vom Post SV und zwei EPP-Prüflinge aus Süddeutschland. Ich musste doch ziemlich schlucken, als ich realisierte, dass der Teilnehmerkreis aus drei Kanulehrern + seekajakerfahrener Ehefrau, drei Übungsleitern und mir bestand. Ich war die Einzige, die weder Kanulehrer noch Übungsleiter war. Von wegen Schnupperkurs!!! Ich habe zwar den EPP3 Touring und paddle jedes Jahr um die 1.000 km, habe aber so gut wie keine Nordsee-Erfahrung. Das zweite Mal schlucken musste ich, als ich die Windverhältnisse bei Windfinder beobachtete. Für die Überfahrt war Wind 4-5, in Böen 6-7 Beaufort angesagt. Egal, kneifen gilt nicht, schließlich war das mein vierter Anlauf!

Anreise und Überfahrt

Susa, Susanne und ich hatten uns als Dreierteam für Spiekeroog verabredet und uns im Vorfeld abgesprochen, auch zum Thema Packen. Das ist eine Wissenschaft für sich. Jede braucht die Komplettausrüstung inkl. Kocher, Zelt, Essen, Schlafsack und Isomatte, falls man sich mal trennen muss, muss jede autark sein. Hinten und vorne muss das Gepäck gleich schwer sein, es muss reinpassen und vorne dürfen keine metallischen Gegenstände liegen, da sie den Kompass stören. Im Endeffekt gehen wir auf Nummer sicher, wiegen jedes Gepäckstück und packen vorher im Bootshaus Probe.

Treffpunkt zur Überfahrt war Donnerstag, 10 Uhr, Westrampe Hafen Neuharlingersiel.  Da  das sehr frühes Aufstehen bedeutet hätte, hatten wir beschlossen, schon Mittwochmorgen zu fahren und so zugleich auch die Staus vor dem verlängerten Wochenende zu umgehen. So waren wir schon zeitig in Neuharlingersiel, schlugen unsere Zelte auf dem Zeltplatz auf und nutzten die Zeit, um Neuharlingersiel zu erkunden, Susas Stamm-Tortenhaus aufzusuchen und abends gemütlich zu kochen. Am nächsten Morgen waren wir pünktlich am Hafen, stellten das Auto ab, trafen die anderen Teilnehmer und packten die Boote. Dank unserer peniblen Vorbereitung kein Problem! . Die Überfahrt wurde gemeinsam geplant und gegen 12 ging es los. Leider musste ich feststellen, dass man trotz penibler Vorbereitung doch immer etwas vergisst. Ich wollte die Abfahrt fotografieren und stellte fest, dass keine Speicherkarte im Fotoapperat war 🙁

Bei der Überfahrt war tatsächlich ein 4-5er Wind mit Böen 6-7 Beaufort, und zwar Rückenwind! Innerhalb einer Stunde (mit ordentlich Wellengang von hinten und zusätzlicher Querströmung hinter dem Leitdamm) erreichten wir schon den Campingplatz. Für die gleiche Strecke haben die Teilnehmer des Vorjahrs bei gleich starkem Gegenwind 2,5 Stunden gebraucht! Als einzige wirklich echte Seekajak-Schnupperkandidatin bekam ich eine 1:1-Betreuung zur Seite gestellt und fühlte mich bei der aufregenden Überfahrt bei Martin die ganze Zeit gut aufgehoben. Danke Martin:-)

Schnell das Zelt aufgebaut auf dem wildromantischem Zeltplatz mitten in den Dünen. Ich köpfe einen Piccolo auf die nun im vierten Anlauf geschaffte Spiekeroog-Tour. Es ist kalt und windig, die ganzen vier Tage zwischen 10-12 Grad, wir mümmeln uns ordentlich ein. Zum Glück bleibt es alle vier Tage trocken. Nach dem Abendessen die tägliche Lagebesprechung/Ausbildungseinheit, danach der ebenfalls obligatorische Strandspaziergang in den Sonnenuntergang. Viel freie Zeit bleibt nicht, es ist schließlich (auch) eine Ausbildungsfahrt.

Inselsightseeing und Brandungspaddel-Workshop

Da für Freitag noch stärkerer Wind angesagt war, wurde die geplante Inselumrundung auf Samstag verschoben, wo der Wind etwas nachlassen sollte. Freitagvormittag lässt die Tide keine Ausfahrt zu, so nutzen wir den Vormittag, um unter Petras kundiger Führung das Inseldorf zu erkundigen und dort einzukaufen. Leider gibt es auf ganz Spiekeroog keine Speicherkarten, Fotografieren auf dem Meer fällt für mich also flach. Auf dem Rückweg kommt die Pferdebahn bei uns vorbei. Am Nachmittag war ein Brandungspaddel-Workshop angesetzt, bei dem starken Wind kommt es bei der Robbenplate zu starker Brandung, dort sollte geübt werden. Als Seekajakanfängerin habe ich unter Anleitung meines Buddies nur an den grünen Wellen geübt (d.h. bevor sie sich brechen), die anderen fuhren in die direkte Brandungszone, was zu zwei Kenterungen führte. Aber genau das muss man ja üben, und Brandungspaddeln lässt sich nun mal nicht am Rhein üben. Nach dieser 12 km-Tour erst Duschpause, dann Kaffee bei Lars‘ Shop mit Planung der morgigen Inselumrundung als Übungsaufgabe. Ganz schön tricky, auf was man alles achten muss! Tide, Windrichtung, Untiefen, Wattenmeer etc. Der Seekajaker lebt nach einer strengen Uhr, und zwar nach der der Tide. Bummeln oder Verspätung geht einfach nicht!

Inselumrundung

Auf die Minute genau (die Tide wartet nicht), treffen wir uns zur geplanten Inselumrundung. Ein Ehepaar, Bekannte von Lars, schließt sich uns an, so dass die Gruppe nun 9 Mann/Frau stark ist. Wir umrunden die Insel gegen den Uhrzeigersinn, paddeln also zuerst über das gerade überflutete Wattenmehr zwischen Insel und Festland und müssen dann den Sund zwischen Spiekeroog und Wangerooge queren. Die Wellen von hinten werden immer stärker, ich werde immer angespannter, aber wir schaffen es, den Sund zu queren (auf einem Schiff wird gerade eine Seebestattung vollzogen, wir bleiben in respektvollem Abstand). Mit Schwung legen wir auf Wangerooge an. Jetzt heißt es, zwei Stunden totzuschlagen und zu warten, bis die Brandung an der Tabaksplate etwas nachlässt, so dass wir dort einfacher queren können. Die Wellen an der Tabaksplate sind berühmt-berüchtigt! Die beiden Kanulehrerinnen aus Süddeutschland erzählten von letztem Jahr, wo sie mit einer anderen Gruppe nach einigen Kenterungen dort aufgeben und über die ganze Insel zurückrollern mussten. Die Wartezeit verbringen wir sehr komfortabel mit frischen Waffeln in der Jugendherberge Wangerooge. Wir starten (ich mit einem sehr mulmigen Gefühl), queren wiederum den Sund und kommen in den Bereich der Tabaksplate. Hohe (für mich zumindestens!) Wellen erwarten uns, jetzt heißt es Abstand halten und reinklotzen. Der Brandungsworkshop gestern hat sich für mich ausgezahlt, ohne größere Probleme kreuze ich die Tabaksplate (die anderen sowieso),  und wir paddeln auf der Seeseite von Spiekeroog zurück. Der Wind lässt nach, es ist ein entspanntes Paddeln auf der Seeseite, mitten im Meer werden ohne nass auszusteigen Boote getauscht, da die beiden Kanulehrerinnen andere Modelle ausprobieren wollten. Die Prüfkanditatinnen müssen die Rolle demonstrieren. Kurz vor dem Nordwestspitze von Spiekeroog müssen wir wiederum anlanden und ca. 30-45 Minuten warten, bis die Tide kippt, denn gegen die ablaufende Strömung können wir nicht um die Inselspitze Richtung Land paddeln. Nach dem Tidenkipp paddeln wir die restlichen wenigen Kilometer und sind nach 31 Paddelkilometern und über 10 Stunden wieder zurück am Zeltplatz. Es ist Ebbe, nun kommen auch die Bootswagen zum Einsatz. Ich bin froh, dass das Wetter die Tour möglich gemacht hat, denn das ist nicht immer der Fall. Zudem bin ich stolz, dass ich das als Seekajakanfängerin gepackt habe!

Rückfahrt

Sonntag morgen wird es etwas hektisch, auch hier wartet die Tide nicht. Wer mich kennt, weiß, dass früh aufstehen nichts für mich ist und ich Pünktlichkeit für eine preußische Sekundärtugend halte, aber hier hat Pünktlichkeit tatsächlich Sinn und Grund, und so bin selbst ich pünktlich. Gepäck packen, Zelt abbauen, zwischendurch frühstücken und um 9 am Ufer sein. Die Rückfahrt verläuft ohne weitere Probleme, wir landen an der Westrampe in Neuharlingersiel. Nun das ganze rückwärts, Autos holen, Gepäck entladen, Autos mit Gepäck und Booten beladen. Wir belohnen uns mit Fischbrötchen bei einer wirklich ausgezeichneten Fischbude direkt an der Westrampe. Lars gibt Empfehlungen, fast jeder kauft noch Räucherfisch als Mitbringsel. Gegen 12 geht es zurück, wir kommen fast ohne Stau wieder in Bonn an. Es war eine sehr schöne Tour, es ist ein schönes Gefühl, wenn frau ihren inneren Schweinehund überwunden hat. Danke an Lars für das Anbieten der Tour und das lebensnahem Vermitteln der Ausbildungsinhalte und an alle TeilnehmerInnen, es war mit euch sehr angenehm!

Lisa

Videorückblick von Susa

Ein Film sagt mehr als 1.000 Worte 😉